Kommunikation mit speicherprogrammierbaren Steuerungen im industriellen Internet der Dinge
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Die Implementierung des industriellen Internet der Dinge (Industrial IoT) und damit die Vernetzung der Produktion ist für viele Industriebetriebe ein großes Thema. Das Ziel ist die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und der Effizienz von Produktionsprozessen, beispielsweise durch das Aufdecken von Einsparungspotenzialen. Für den modellhaften Nachbau und die Darstellung eines Prozesses am Computer müssen Daten von den unterschiedlichen Maschinen und Sensoren sowie anderen Datenquellen aus dem realen Produktionsprozess in Echtzeit erfasst und angezeigt werden. Es ist ein zentrales IT-System nötig, in dem alle Informationen zusammenlaufen. Dafür bieten sich Industrial IoT-Plattformen an, in der alle Arten von Datenquellen und Datensenken als digitale Zwillinge modelliert werden können. So kann jede Instanz in der Industrie 4.0-Lösung abgebildet werden - ob Maschine, Lagerbehälter, Fahrzeug oder Transportmittel.
OPC: das Protokoll für die industrielle Vernetzung
Daten müssen aus einer Vielzahl an Quellen gelesen werden, auch aus den in industriellen Anlagen eingebauten speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS). Diese verfügen über die Schnittstellen zu den Sensoren und Aktoren im Prozess, auf deren Messwerte zugegriffen werden soll. Sie werden zunächst in der SPS als Variablen gespeichert. Für den Zugriff von einem übergeordneten System aus gibt es eine Vielzahl von Protokollen, doch die meisten sind proprietäre Eigenentwicklungen der SPS Hersteller. Hinzu kommt, dass die Lebenszyklen von Produktionsmaschinen oft sehr lang sind und man es dadurch oft mit alten Datenschnittstellen zu tun hat. Mit dem Ziel, diese Vielzahl von Standards zu vereinheitlichen und eine offene, herstellerunabhängige Alternative zu schaffen, wurden die OPC Classic Standards entwickelt. Basierten sie zunächst noch auf Microsoft DCOM und funktionierten nur mit Windows-Systemen, ist die nächste Evolutionsstufe OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) plattformunabhängig und äußerst flexibel. OPC UA arbeitet auf TCP/IP oder UDP, also auf Ebene 5 des OSI-Modells. Als physikalisches Übertragungsmedium wird Ethernet verwendet. Es wird in neuen Industrie-Installationen häufig als übergeordnetes Protokoll für die Vernetzung eingesetzt, bietet mit Verschlüsselung und Signierung wichtige Sicherheitsfunktionen und kann Daten sowohl binär als auch in XML- oder JSON-Codierung übertragen. Um Firewalls zu passieren, können ohnehin geöffnete Standardports für Webserver oder auch dedizierte Ports genutzt werden.
Obwohl die Verbreitung von Ethernet-Schnittstellen in Maschinensteuerungen zunimmt, unterstützen nur wenige von ihnen das neue, offene Protokoll. Von den Siemens Simatic Steuerungen zum Beispiel unterstützt nur die S7-1500er Serie OPC UA nativ; die weit verbreitete Siemens S7-1200er Serie hingegen trotz standardmäßig eingebauter Netzwerkbuchse nicht. Bei Bestandsanlagen mit Steuerungen der älteren S5-Generationen ist auch keine integrierte OPC UA-Unterstützung verfügbar. Auch die meisten aktuellen Controller von Wago, sowie ältere Allen-Bradley, Telemecanique oder Honeywell SPSen verfügen nicht über einen integrierten OPC UA Server.
Industrielle Protokollwandler als Problemlöser
Soll eine Fabrik mit OPC UA vernetzt und die Prozesse mit einer IoT-Plattform zentral gemanagt werden, muss ein bunt gemischter Haufen von Bestandsmaschinen mit OPC aufgerüstet werden. Hinzu kommt, dass das LAN der Produktion oft eine Insellösung ist, die nicht mit dem Corporate-Netzwerk verbunden ist. Eine direkte Verbindung ist aus Sicherheitsgründen auch nicht gewollt. Hier kommen industrielle, universelle Protokollwandler ins Spiel. Wie damit SPSen OPC UA-fähig gemacht werden können, wird hier am Beispiel der Datendrehscheibe KEPServerEX beschrieben. Das ist eine normale Windows-Software, die auf gewöhnlichen (Industrie-)PCs läuft. KEPServerEX ist zugleich Datenbrücke zwischen dem Produktionsnetzwerk und dem Corporate-Netzwerk, wenn dieser Computer über zwei Netzwerkkarten verfügt. Es wird eine Vielzahl von Datenquellen über serielle oder Netzwerk-Schnittstellen unterstützt. Lesenden oder schreibenden Zugriff auf die Variablen in beispielsweise einer Siemens S7-1200er-Steuerung werden über das Protokoll S7Comm auf der Ethernet-Schnittstelle hergestellt. Ist kein Ethernet an der SPS vorhanden, kann die serielle Programmierschnittstelle MPI genutzt werden. Siemens Steuerungen der älteren S5-Reihe können über das serielle 3964R-Protokoll, das ursprünglich für die Verbindung mehrerer SPSen miteinander konzipiert wurde, angeschlossen werden. Alternativ kann die AS511-Schnittstelle verwendet werden, die eigentlich für den Anschluss von Sensoren und Aktoren bestimmt ist. Viele andere, ältere Steuerungen können auf ähnlichem Wege angeschlossen werden. Eine Instanz von KEPServerEX kann gleichzeitig für mehrere Datenquellen genutzt werden. So ist es dank des modularen Aufbaus der Treiber möglich, einen Zoo aus unterschiedlichsten Maschinen verschiedener Generation einheitlich über OPC UA zu vernetzen. Auch die Anbindung von Low-Power-Sensoren über MQTT, der Gebäudeleittechnik über BACnet und der IT-Komponenten über SNMP ist möglich, um nicht nur den Prozess selbst, sondern auch die ganze Infrastruktur drum herum und somit die gesamte Fabrik zentral im Blick zu haben.
Mit der IoT-Plattform zu den digitalen Zwillingen
Sind alle Datenquellen erschlossen, geht es ans Aufbereiten der Daten auf einer zentralen Industrial IoT-Plattform nach dem Prinzip der digitalen Zwillinge. Dafür kann ein Software-Produkt wie PTC ThingWorx benutzt werden. ThingWorx nimmt Entwicklern viele sonst anfallende Low-Level-Tätigkeiten ab, wie zum Beispiel das Mappen von SPS-Variablen auf Eigenschaften eines digitalen Zwillings oder die Implementierung einer Benutzer- und Rechteverwaltung. Die Verbindung zu KEPServerEX ist ebenfalls ganz einfach, da dieser das native ThingWorx AlwaysOn-Protokoll unterstützt. Das Erstellen von grafischen Benutzeroberflächen wird durch ein universelles Framework ebenfalls vereinfacht. Neben ThingWorx stehen mit den cloudbasierten Industrial IoT-Lösungen von AWS und Azure ebenfalls Konnektoren für OPC UA zur Verfügung und ermöglichen somit eine direkte Ankopplung des KEPServerEX.
Zu guter Letzt sei erwähnt, dass mit dem Apache PLC4X sich zudem ein Open-Source-Protokollwandler in der Entwicklung befindet. So steht einem durchgehenden industriellen Internet der Dinge nichts mehr im Wege.